Es gibt Biertypen, die sich jahrhundertelang halten konnten, dann aber verschwunden sind. Das im 21. Jahrhundert aufgeflammte Interesse an der Vielfalt hat einigen dieser Stile wieder Leben eingehaucht; oft mittels neuer Technologien und junger Kreativität. Denken wir an Rauchbier oder Gose.
Der „Stolz des polnischen Brauwesens“ wurde so wiederentdeckt. 1301 in Grodzisk Wielkopolski erfunden, war dieser Bier-Typus im deutsch- sprachigen Raum als „Grätzer“ bekannt. Die Stadt war im 18. Jahrhundert preußisch und beherbergte damals 53 Brauereien. Nur noch 5 mit insgesamt rund 100.000 Hektoliter Jahresausstoß waren es zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Der Archetypus des Grätzer wird zu 100 Prozent aus eichengeräuchertem Weizenmalz hergestellt. Es hat eine Stammwürze von 7,7 °P, einhergehend mit einem Alkoholgehalt von 2,5 - 3,0 %vol vergleichbar den ursprünglichen französischen Saisons und heutigen englischen Milds – also ein Bier, das täglich, auch während und nach schwerer Arbeit in der Landwirtschaft, konsumiert wurde.
Grodziskie passt aufgrund seiner aromatischen Vielschichtigkeit und wegen seines relativ geringen Alkoholgehalts hervorragend in das 21. Jahrhundert.
Also greifen ihn nicht nur polnische Brauereien auf; Cerveja Blumenau aus Brasilien hat 2022 mit einem Grätzer Bier einen bronzenen European Beer Star in der Kategorie Session Beer errungen. Camba Bavaria hat ein Grätzer in ihren Bier Legenden eingereiht.
Vor allem polnische (Craft-) Brauer:innen nehmen sich des uralten und doch so jungen Bierstils an: Etwa Browar Grodisk; schöne Beispiele gibt es auch von Pint und Trzech Kumpli. Gewerblich Gebrautes in klassischen Varianten; Craftbier, kaltgehopft. Die Grodzisk Homebrew Competition ist ausschließlich diesem Stil gewidmet.
Der European Beer Star nimmt sich gerne solcher eurogenen Stile an, sobald zu erwarten ist, dass zugehörige Biere in einer relevanten Stückzahl eingereicht werden. Glücklicherweise ist das beim Grätzer der Fall: 2023 erleben wir erstmals den Wettbewerb in der Kategorie Grodziskie.